Einleitung und Rechtsgrundlage der Anforderung
Bearbeitungsstand 15. Juli 2023
Zunehmend wird in Betriebsprüfungen die Vorlage eines Gesamtjournals mit allen, auch steuerlich nicht relevanten E-Mails, angefordert. Fokus der Finanzverwaltung ist es hierbei regelmäßig, konzerninterne Liefer- und Leistungsbeziehungen zu überprüfen.
Die Finanzverwaltung begründet die Anforderung von Emails mit der Verpflichtung des Steuerpflichtigen, empfangene oder abgesandte Handels- und Geschäftsbriefe aufzubewahren, sofern sie steuerlich relevant sind. Die Rechtsgrundlage dafür bildet § 147 Abs. 6 AO iVm § 147 Abs. 1 Nr. 2, 3, und 5 AO.
Ziel war es auch im nachfolgenden Urteilsfall, die Verrechnungspreise sowie die zugrundeliegende Buchführung der Konzerngesellschaften zu überprüfen.
Urteil des Finanzgerichts Hamburg vom 23.03.2023
Im Streitfall des Finanzgerichts Hamburg vom 23.03.2023 wurde entschieden, ob die Finanzverwaltung die Herausgabe des elektronischen Gesamtjournals mit sämtlichen empfangenen bzw. versandten E-Mails verlangen dürfte. Das FG Hamburg hat das Herausgabeverlangen jedoch unter Hinweis auf die begrenzten Befugnisse der Finanzverwaltung aus § 147 Abs. 6 AO als rechtswidrig beurteilt.
Gemäß dem Urteil darf die Betriebsprüfung jedoch solche E-Mails anfordern, die als Handels- und Geschäftsbriefe iSd § 147 Abs. 1 Nr. 2 und 3 AO zu qualifizieren sind. In der Praxis haben Emails längst die Rolle solcher Briefe übernommen.
Ausgenommen von der Vorlagepflicht sind grundsätzlich E-Mails privater Natur und rein firmeninterne Kommunikation.
Die Aussage, dass rein firmeninterne Kommunikation nicht vorlagepflichtig sei, ist allerdings dahingehend einzuschränken, dass Schriftstücke und somit ebenfalls Emails, ein Handelsgeschäft i.S.d. §§ 343 ff. HGB betreffen, wenn sie seine Vorbereitung, Durchführung oder Rückgängigmachung zum Gegenstand haben. Dies bedeutet in der Konsequenz, dass firmeninterne Emails, die ein Handelsgeschäft vorbereiten, durchführen oder rückgängig machen, regelmäßig vorlagepflichtig sind. In der Praxis sind dies oftmals Emails zwischen Konzerngesellschaften, die die konzerninternen Leistungsbeziehungen zum Gegenstand haben. Daher steht die Herausgabe von Emails gerade bei konzerninternen Verrechnungspreisen im Fokus.
Gemäß dem Urteil des Finanzgerichts Hamburg ist die Aufforderung der Betriebsprüfung Emails sogenannt „en bloc“ anzufordern soweit noch verhältnismäßig, solange der Steuerpflichtige sein Erstqualifikationsrecht ausüben darf.
Das Recht des Steuerpflichtigen, eine Erstselektion steuerlich relevanter E-Mails durchzuführen, ist also von elementarer Bedeutung.
Da die Betriebsprüfung grundsätzlich auch unter Berücksichtigung des Urteils des FG Hamburg berechtigt ist, sämtliche steuerlich relevanten E-Mails anzufordern, ist dem Steuerpflichtig dringend anzuraten, sich auf entsprechende Anfragen frühzeitig vorzubereiten.
Sofern die Anfrage der Betriebsprüfung bereits vorliegt, ist es in Anbetracht der heutigen Fülle und Komplexität von Emails schwierig, das Erstqualifikationsrecht der Emailauswahl risikoreduzierend durchzuführen.
Gerne sind wir Ihnen behilflich, bereits vor der Betriebsprüfung ein IT-technisches System aus steuerlicher Perspektive zu begleiten, in dem solche E-Mail selektiert und abgespeichert werden können.